Zuerst
Zündete man
Jüdische und undeutsche
Bücher an
Hungrig züngelnde Flammen
Fressen rücksichtslos eine Seite nach der anderen
Löschen mit Worten und Bilder gefüllte Bücher aus
Zurück bleiben
Asche und Staub
Verkohlte Seitenfetzen
Erinnern an das vergangene Ganze
Geschichten und Wissen zerfließen in der Hitze des Feuers
Zerlaufen zu einem schwarzgrauen Klumpen Unfreiheit
Besiegeln ein unaussprechliches Schicksal
Als Zweites
Zündete man
Jüdische und undeutsche
Geschäfte und Synagogen an
Splitterndes Glas zerstört die stille Nacht
Ein unumkehrbarer Schritt
Über eine unübersehbare Grenze
Welcher eine Lawine von Unmenschlichkeit lostritt
Unersetzbare Heiligtümer fallen dem hasserfüllten Wutrausch zum Opfer
Orte der friedlichen Zusammenkunft werden
Durch verachtende Unruhe und verblendete Gewalt geschändet
Als der Terror seinen Höhepunkt erreicht
Kann man nur noch zusehen
Und hoffen dass es nicht noch schlimmer wird
Weil man nur noch zusah und hoffte wurde es noch schlimmer
Als Drittes
Zündete man
Jüdische und undeutsche
Menschen an
Unaufhörlich qualmende Schornsteine
Werden zum Symbol
Eines offenen Geheimnis
Welches man weder wissen will
Noch vergessen aber
Ignorieren und dann leugnen kann
Ascheregen fällt still und schwer auf die Erde nieder
Das letzte Überbleibsel verstreut
Vom Winde verweht
Weit fortgetragen von der Möglichkeit
Eine letzte Ruhestätte zu finden
Zuerst vernichtete man die Gedankenwelt
Dann die Glaubenswelt und
Zuletzt vernichtete man
Den Menschen selbst
Heute zündet man
Aus Trauer und zum Gedenken
Kerzen an
Eine kleine Flamme erinnert stumm
An all das Leid und erhellt die Dunkelheit
Und solange noch Kerzen angezündet werden
Werden weder Bücher noch Gotteshäuser
Noch Menschen brennen